Hat sich das nicht mal wieder gelohnt? Trotz etwas Skepsis auf den Chef zu hören und sich von dessen Ideen anstecken zu lassen? Es galt, einen Gottesdienst in der Friedenskirche in Unna-Massen mitzugestalten, bei dem ein der Gemeinde verbundener Pfarrer aus Tansania zu Gast war. Natürlich sollten auch afrikanischen Gospels gesungen werden.
Friedenskirche in Unna-Massen, Baujahr 1953, Textprojektion an der Wand
Da wurde mal eben in zehn Tagen ein Projektchor mit vierzig Leuten (!!!) aus den verschiedenen Chören unseres gemeinsamen Chorleiters Sebastian Wewer aus dem Boden gestampft, sogar noch eine Probe mit der großen Mehrheit der Teilnehmer in unsere privaten Terminpläne gequetscht und schließlich die Friedenskirche gerockt. – Wie mag das auf Kisuaheli wohl heißen?
………………………………………………………………………………….So sieht Vorfreude aus!
Nach einer Hinfahrt bei wolkenbruchartigen Regenfällen ging in der Kirche sprichwörtlich die Sonne auf, ein Regenbogen erschien. Als Auftrittskleidung hatten wir schwarze Hosen und individuell einfarbig bunte Oberteile gewählt. Sah toll aus und wurde durch bunte Schals vom Gospelkirchentag ergänzt.
Projektchor beim Einsingen, begleitet durch Keyboard, Percussion und Bass
Das Einsingen lief gut. Auch diejenigen, welche die Probe für diesen Auftritt nicht wahrnehmen konnten, fügten sich problemlos ein. Ein gemeinsamer Trainer und sichere Repertoirekenntnisse zahlten sich hier aus. Man hatte noch nie mit der Nachbarin gesungen? Macht gar nichts. Eben kleine Details besprochen und schon klappt’s. Inzwischen ist der Gast, Pastor Edson Lugemeleza aus Bukoba in Tansania, mit Begleitung eingetroffen, sichtlich erfreut über die ersten Eindrücke vom Projektchor.
Noch einige Minuten der Konzentration und Vorbereitung, dann geht es los mit dem Titel „Lord, hold me“. Auf einen Einzug haben wir angesichts der überraschend vielen Aktiven verzichtet, statt mit einem Solo beginnen wir summend. Wie so oft waren auch heute Angehörige von Gospeltrainern unter den Besuchern, was uns immer wieder freut. Unter den vertrauten Gesichtern war auch eine stimmlich angeschlagene Gospeltrainerin. Ihr sofortiges Lächeln bestätigte uns einen gelungenen Auftakt – Mitglieder sind ja besonders kritisch.
Nun eröffnete Pfarrer Detlef Main, der als großer Gospelfreund zuvor selbstverständlich noch im Chor mitgesungen hatte, den Gottesdienst. Nach der Begrüßung der Gemeinde stellte er den Gast vor und lud zu einer Infoveranstaltung über dessen Arbeit ein, die im Anschluss stattfinden sollte.
Wie in der Gemeinde üblich, wurden im Laufe des Gottesdienstes die Texte der Gemeindelieder und gemeinsam gesprochene Worte per Beamer an eine Wand projeziert. Dies geschah auch mit unseren Gospeltexten, so dass viele Menschen mitsangen oder zumindest mitlasen. Gerade einige ältere Semester zeigten sich hier echt aktiv. Zwei Damen sprachen mich später an und outeten sich als Kirchenchormitglieder, die ebenfalls von Sebastian angeleitet werden.
Kamera hat bis auf die Gospeltrainer Kirsten, Anja und Susanne alle erwischt
Höhepunkt sollten unsere afrikanischen Gospels werden, die in direkter Folge hintereinander gesungen wurden. Sie sollten die richtige Stimmung erzeugen, um ordentlich Spenden für Pfarrer Edsons Arbeit in den Klingelbeutel zu bekommen. Zuerst erklang „Sia hamba“ in einer bewährten Gospeltrainversion. Pfarrer Edson und seine Frau kannten das Lied und sangen mit. Bei „Masithi“ wechselten sich zwei Solistinnen mit den Zwischenrufen ab, was erst ganz neu für diesen Gottesdienst eingeführt wurde. Die afrikanischen Gäste fühlten sich offensichtlich wohl und stimmten mit ein.
Der nächste Titel „Mayenziwe“ verleitete unseren Chorleiter zu Ausdruckstanz „at its best“ – das hatte die Welt noch nicht gesehen. Sebastian, damit hast du die tansanischen Gäste definitiv beeindruckt! Wir selbst trauten unseren Augen kaum. Für’n ollen Westfalen ganz schon locker in der Hüfte! Und das Beste: deine Truppe folgte dir. Melodie, Rhythmus und Ausdruck waren so in Bewegung umgesetzt, dass wir uns einfach locker führen lassen konnten. Wer braucht schon Noten?!
Der Gottesdienst wurde nun mit der Predigt Pfarrer Edsons fortgesetzt. Er sprach über Jesus als das Brot des Lebens. Dabei ging er vom täglichen Brot als Grundbedürfnis über zu den sonstigen immateriellen Bedürfnissen des Menschen, die man nicht nur einmal, sondern regelmäßig benötige. So verhalte es sich auch mit Jesus.
Ein kleiner, vielleicht schnell überhörter Satz direkt nach der Predigt drückt den Geist dieses Gottesdienstes aus: „Ich habe Freude an diesem phantastischen Chor. Die Freude (des Chores) kommt rüber – Jesus ist da“.
Pfarrer Edson Lugemeleza auf der Kanzel
Wenig später stellte der afrikanische Gast den Zuhören ein tansanisches Lied vor, den Text lieferte der Beamer. Wir schluckten: Kisuaheli liegt weit außerhalb unserer Alltagserfahrungen, dementsprechend holprig klangen erste Sprechversuche. Inzwischen hatte Frau Lugemeleza das Mikro übernommen und sang uns das Lied vor. Nach mehreren Durchläufen erfassten wir die Melodie, doch die Sprache stellte mitteleuropäische Zungen vor echte Herausforderungen. Für unsere ernsthaften Bemühungen gab es quasi als Zugabe eine deutsche Übersetzung, so dass schließlich ein tansanisches Lied durch eine Kirche im östlichen Ruhrgebiet klang.
Kisuaheli lesen ist ja schon schwer, aber sprechen? oder gar singen??
Zurück zum vertrauteren Englisch. Mit „Let me fly“ haben wir dann endgültig bewiesen, dass der Projektchor kein Flickwerk ist, sondern ein richtig guter Chor. Es klang wie aus einem Guss. Das muss unseren Gospeltrainer sehr beglückt haben, sich so auf seine Leute verlassen zu können. Sowohl die Personenzahl als auch die Qualität war voll überzeugend. Aber das Engagement wird uns ja ständig vorgelebt…
Ach ja, schön war es bisher. Jetzt wurde „Peace shall be with you“ als Abschiedssegen gesungen. Ein wunderbar harmonisches Lied, das begeistert mitgesungen wurde. Seit einem Workshop mit dem bekannten Gospelmusiker Helmut Jost an gleicher Stelle ist dieses Lied in der Gemeinde aus dem damaligen Abschlussgottesdienst vertraut und offensichtlich beliebt. Eigentlich war dieser Titel zum Auszug gedacht, doch „die gehen einfach nicht“, stellte Pfarrer Main fest. Jetzt bewegen sich die Besucher langsam zum Ausgang. Zuvor hatte es den verdienten Applaus gegeben. Aus Lust und Laune wurde jetzt einfach spontan „This litttle light“ angestimmt. Viele stoppten ihren Auszug und erleben die Steigerung des Liedes stehend mit. Auch in Tansania ist der Titel offensichtlich bekannt, denn jetzt gehen die Gäste richtig ab. Es wird gesungen, geklatscht und getanzt. Nochmals toller Applaus. „Jetzt aber raus“ werden wir vom Chorleiter rausgeschmissen – das hätte sonst noch sehr lange gehen können… 😉
Kuriosität am Rande: zwei aufmerksamen Beobachterinnen ist ein merkwürdiges Päckchen in einer Kirchenbank aufgefallen, die dem Chor vorbehalten war. Wir hatten uns zwar eine Belohnung erhofft, hatten allerdings eher an einen gelungenen Aufritt, Applaus oder maximal eine Tasse Kaffee gedacht. Nun steht uns ratlos der Mund offen… 🙂
„Die tägliche Belohnung“ … ob das mit dem Vorstand abgestimmt ist?