Auf geht’s. Einige Minuten vor Beginn der Konzertandacht gehen wir zur Josefskirche rüber. Vorsichtig die Tür aufmachen – wie viele Leute sind wohl da? Ein ganz wichtiger Moment für den weiteren Verlauf des Abends und unsere Stimmung.
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Das ist unser erster Eindruck beim Betreten der Kirche
Voll! Die Kirche ist voll!! Welche Erleichterung!!! Die letzten freien Plätze werden gerade eingenommen. Auch die zusätzlichen Bänke und Stühle sind schon belegt. Wir machen uns in der Nähe des Eingangs bereit. Leute, die unmittelbar vor Beginn eintreffen, gucken überrascht. Sie kommen kaum in die Kirche rein, müssen sich durch die wartenden SängerInnen drängen.
Gospeltrain wartet im Eingangsbereich auf den Einzug
Als der erste Ton von der Empore erklingt, verebbt das Gemurmel und es wird still in der Kirche. Oben auf der Empore eröffnet Crescendo die Andacht mit dem Lied „Lobsinget Gott, dem Herrn!”, begleitet von der Orgel. Wie feierlich sich das anhört. Das Publikum ist durchaus überrascht. Stand da nicht etwas von Gospel auf den Plakaten? Einige auf den Einzug wartende Gospeltrainer meinen, es klinge nach Weihnachten. [Ein Blick ins Internet wird diesen Eindruck später bestätigen. Das Stück stammt aus einem Weihnachtsoratorium.]
Kurz nach Beginn des Liedes startet der Gospeltrain den Einzug durch den Mittelgang nach vorne. Von oben kommt weiterhin wunderbarer Gesang. Wer jetzt kein Lächeln auf dem Gesicht hat, dem ist nicht zu helfen. Als die Musik endet, hat der Gospeltrain Aufstellung auf den Altarstufen genommen, die uns folgenden CHORiosen habe ihre reservierten Plätze erreicht. Bei wohltuendem Applaus schauen wir uns im voll besetzten Kirchenschiff um.
Hausherr Pfarrer Ludgerus Poggel übernimmt die Begrüßung der Zuschauer und der Chöre. Aus seinen kurz gehaltenen herzlichen Worten hört man die Vorfreude auf diesen Abend heraus. Er erinnert dabei aber auch an den Zweck der späteren Spendensammlung und bedankt sich für den Einsatz der Beteiligten. Dann zieht er sich in seine „private Loge“ zurück, den Eingang zur Sakristei.
Der Gospeltrain beginnt mit dem südafrikanischen Gospel „Sia hamba“. Dieser ist wie das Eingangslied von Crescendo ebenfalls ein Titel, der die Erwartung nach Sister-Act-Gassenhauer-Gospel nicht erfüllt. Wer wirklich Musik hören möchte, wer das vielfältige Zusammenspiel der Stimmlagen schätzt, vielleicht noch originelle Arrangements – der ist bei diesem Song genau richtig. Wir sind mit unserem Auftakt sehr zufrieden. Halten ihn für gelungen. Auch die Akustik trägt ihren Teil dazu bei. Das Publikum sieht dies genauso und spendet energisch Applaus.
Mit dem nächsten Stück wollen wir mal Erwartungen gerecht werden: das „Hallelujah“ ist weithin bekannt und wird schon von Anfang an von einigen mitgesungen. Viele wiegen sich im Takt, einzelne Gäste schließen die Augen. Wenn man mit Applaus einer gesanglichen Leistung zustimmt, dann sind die Zuhörer sehr zufrieden. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt des Abends stehen die ersten auf. Das ist wieder so ein Moment, wo man denkt: jetzt haben wir sie endgültig auf unserer Seite. Schade, dass Sebastian nicht sehen kann, was sich hinter ihm abspielt. Zumindest die Vibrations wird er empfangen.
„Order my steps“ ist nun ein weiterer Titel mit komplexem Aufbau. Eigentlich ist die Titelauswahl recht mutig. Wir haben der Versuchung widerstanden, gleich zu Beginn mit ein paar Gospelklassikern die Stimmung anzufachen. Die Qualität des Gesangs zieht die Zuschauer auch so in den Bann. Längst ist klar, dass dies kein feierwütiges Party-Publikum ist. Viele echte Musikfreunde sind anwesend, die aufmerksam zuhören und in der Musik aufgehen. Auch nach diesem Lied gibt’s reichlich Applaus und Standing Ovations. Wir fühlen uns geschmeichelt. Um nicht abzuheben schaut man mal in die erste Bankreihe, wo die CHORiosen sitzen. Die werden uns doch wohl ein ehrliches Feedback als Insider geben, doch auch von dort kommt nur wohlwollendes Lächeln.
Die Kirche ist voll besetzt. Auch die Zusatzsitzgelegenheiten sind belegt.
Mit „Immanuel“ als nächsten Song steht eine ganz junge Gospelkomposition auf dem Ablaufplan. In seiner Ansage, die wie seine bisherigen kurz und wohlgelaunt daher kommt, verweist Sebastian darauf, dass wir dieses Lied erst seit ganz kurzer Zeit im Repertoire haben. Man schaut uns also erwartungsvoll an. Super, Sebastian, jetzt hast Du Solistin Danny eine tolle Bürde auferlegt – oder sollte das eine geschickte Provokation zur Leitungssteigerung gewesen sein? Scheint ihm in diesem Moment selbst etwas unheimlich zu sein. Schnell noch eine kleine Aufmunterung für Danny und los geht’s. Und wie. Wunderbar intensiv. Von der Solistin und vom Chor. Man spürt förmlich die extreme Aufmerksamkeit aller. Niemand will bei diesem Stück durch eine Nachlässigkeit auffallen. Auch vom Chef gibt’s viel Unterstützung, so dass vom Chor viel Energie in die Nacht geschickt wird.
Anschließend soll es mit „Rock my soul“ doch noch einen Klassiker geben. Aber es kommt fast zur Meuterei. Männer- gegen Frauenstimmen – das ist doch unfair bei unseren wenigen Männerstimmen! Die Herren holen sich Hilfe bei CHORios, indem sie deren Männer zu sich bitten. Allerdings holen sich die Gospeltrain-Frauen ebenfalls Unterstützung durch die CHORios-Frauen. Was soll’s? Nun haben die Männer genug Energie, um es mit den Frauen aufzunehmen. Mit richtig viel Power wird das Lied vorgetragen, besser „vorgelebt“. In diesem Moment scheint die ganze Kirche zu beben. Die Zuschauer gehen stehend mit und belohnen den Vortrag mit donnerndem Applaus.
So, der Gospeltrain hat sich verausgabt und tritt ab. Nun darf CHORios zeigen, was sie so drauf haben. „Mighty wind“ ist wesentlich stiller als der zuvor gehörte Song, doch er ist nicht weniger kraftvoll. Er strahlt eine große Weite aus und scheint die Anwesenden regelrecht mitzuziehen.
CHORios im Einsatz – von einer Kamera beobachtet
Daran schließt sich „Nessajah“ an. Der Titel aus dem Tabaluga-Zyklus ist natürlich weitgehend bekannt, der Funke springt sofort über. Hat der Chor mit diesem Lied schon beim Gospelday in Ahlen überzeugt, so begeistert er heute einmal mehr. Man fragt sich, wie sie es immer wieder schaffen, diesen Song, den sich mancher auch schon leid gehört haben mag, zu etwas Besonderem zu machen.
Die Gospeltrainer genießen in der Kapelle die Auftritte der anderen
Bei „Über allem ist die Liebe“ als nächstem Lied holen sich die Ahlener Crescendo zur Unterstützung auf die Bühne. Man könnte meinen, dort stünde nur ein Chor, wären da nicht die Unterschiede in der Chorkleidung. In völliger Harmonie serviert man dem Publikum ein heiter-positives Stück. Kräftiger Applaus ist der verdiente Lohn.
CHORios in Schwarz-Grau-Weiß, Crescendo mit grünem Schal
Ebenfalls gemeinsam wird anschließend „Heaven is a wonderful place!“ gesungen. Jetzt hat man sich lange genug an die Planung gehalten – jetzt wird es spontan. „Kommt raus, egal wie ihr ausseht“ fordert Chorleiter Sebastian die Gospeltrainer von der Kapelle auf die Bühne. Das Aussehen bezieht sich auf die Chorschals – einige tragen orange Gospeltrain-Schals, andere die regenbogenbunten Schals der Aktion „Gospel für eine gerechtere Welt“. Der Train ist nicht wirklich von dieser spontanen Idee überrascht. Mit solchen Aktionen muss man immer rechnen, und man ist inzwischen damit vertraut. Nun wird das Publikum nach Anleitung des Chorleiters ebenso mit einbezogen. Nur passiv zuhören gibt es bei Gospelkonzerten mit Sebastian Wewer kaum einmal. Durch die vorherigen Leistungen der Chöre ist man bester Stimmung und macht engagiert mit.
Das begeisterte Publikum steht und macht mit
CHORios hat sich jetzt eine Pause verdient. Crescendo bietet nun den besinnlichen Titel „Euer Herz erschrecke nicht!“, bei dem das Publikum wieder zur Ruhe kommt und still zuhört. Erst der aufbrausende Applaus holt uns in die Gegenwart zurück.
Auch beim folgenden Lied „Gott hat mir längst einen Engel gesandt“ hören die Menschen still und aufmerksam zu. Man sieht vielfach geschlossene Augen, mancher Besucher hat wahrscheinlich eine persönliche Geschichte im Kopf. Man genießt die Stimmung und wartet mit dem Applaus, bis der letzte Ton verklungen ist. Die beiden letzten Songs laden nicht zum Tanzen auf den Bänken ein. Dafür lohnt es sich um so mehr den Texten genau zu folgen. Diese Facette christlicher Musik ist eine wunderbare Bereicherung des heutigen Programms.
Crescendo lädt ein die Gedanken schweifen zu lassen
An dieser Stelle rückt der Benefizgedanke dieser Veranstaltung für einige Minuten in den Mittelpunkt. Nach einigen Worten Wewers tritt Martina Abel, die Koordinatorin vom Ambulanten Kinderhospizdienst Hamm, ans Mikrofon. Ganz sachlich berichtet sie von der Art der Unterstützung, welche diese Organisation betroffenen Familien anbieten kann. Sie listet viele Beispiele auf, wie gespendetes Geld verwendet wird. Es fällt auf, dass im Wesentlichen die ganz normalen unspektakulären Verbrauchskosten (z.B. Sprit, Büromaterial, Telefon) und Schulungen der ehrenamtlichen Mitarbeiter finanziert werden müssen. Am Ende ihres Beitrags ist sie beim Blick auf die vielen Zuhörer selbst ein wenig ergriffen und gibt gerne wieder an den musikalischen Leiter ab. Der ruft alle Aktiven der Konzertandacht auf die Altarstufen und es geht weiter mit Chorgesang.
…….Martina Abel am Mikrofon, Infotisch am Eingang
Zum Beginn des letzten Konzertabschnitts ist „Lord, hold me“ genau der richtige Titel. Er beginnt ganz ruhig und nimmt dabei die Stimmung von Abels Vortrag behutsam auf. Erst im Refrain kommt richtig Schwung rein und füllt den ganzen Kirchenraum eindrucksvoll mit dem Gesang der vielen Stimmen. Jetzt bekommen die Zuhörer richtig etwas auf die Ohren, die Akustik ist für unsere Zwecke gut geeignet. Genau so muss es sich Sebastian vorgestellt haben, als er die Idee für diese Andacht hatte. Sich ein bisschen „Gospelkirchentagsfeeling“ nach Hamm holen – darum geht es wohl. Wer letzten Sommer in Dortmund dabei war, hat sofort die entsprechenden Erinnerungen im Sinn. Dem Publikum wird in zwei Sätzen davon berichtet. Auf die Frage, ob jemand anwesend sei, der ebenfalls in Dortmund dabei war, meldet sich sogar jemand.
Jetzt steht der Song „Jesus is right here“ auf dem Programm, der der Veranstaltung ihren Namen gegeben hat. Wewer entschuldigt den krankheitsbedingten Ausfall des eigentlich teilnehmen wollenden Jugendchores „Soulteens“ aus Unna, dessen Lieblingslied dieser Song ist. Schade drum, doch wir anderen mögen ihn auch sehr und lassen ihn jetzt zu einem Highlight des Abends werden. Inzwischen sind alle richtig warmgesungen und lassen sich von der Atmosphäre im Raum anstecken. Das tut dem Ausdruck beim Singen nur gut. Man ist jetzt richtig locker und kann das Publikum schnell überzeugen. Dieses ist beeindruckt vom Klangvolumen und vom Tiefgang des Vortrags.
Die euphorisierten Aktiven scheinen jetzt zu schweben. „Let me fly“ heißt auch der nächste Titel. Der ganze Kirchenraum ist mit Musik gefüllt. Die Besucher lassen sich tragen, lächeln uns an. Mancher ist vielleicht froh, sich gegen den inneren Schweinehund durchgesetzt und zur Josefskirche aufgemacht zu haben. Dieser Abend ist für Aktive und Gäste ein Gewinn. Hoffentlich kann später auch der Kinderhospizdienst strahlen.
Vor dem letzten Lied ergreift Pastor Poggel noch einmal das Wort. Er sei über die Wahl seiner Kirche als Veranstaltungsort ebenso erfreut wie über den Verlauf der Konzertandacht. Menschen könnten gemeinsam eine ganze Menge auf die Beine stellen. Mit dieser Aussage lenkt er die Aufmerksamkeit nun auf den Hospizdienst und wirbt um Spenden. Man müsse manche Themen ins Scheinwerferlicht stellen. „Seien Sie die Scheinwerfer“ werden die Menschen aufgefordert. Auch Chorleiter Wewer erinnert an den Bibelspruch „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“, der die Kollekte als Ausdruck der Solidarität und Verbundenheit beschreibt. Mit Nachdruck wird nun von allen in der Kirche das Vater Unser gesprochen.
Kurz ergreift auch noch Markus Wolfslau, Vorstandsmitglied beim Sängerkreis Hamm, das Wort. Er hat die Konzertandacht als Besucher erlebt, und findet anerkennende Worte für die gebotene musikalische Leistung. Beim Publikum wirbt er für den Chorgesang und betont den Wert für Aktive und Zuhörer.
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Ohne Segen muss heute niemand nach Hause gehen. „Peace shall be with you“ heißt das letzte Stück, mit dem wir die Besucher entlassen wollen. Nochmal führt die nun erklingende Musik zu Wohlbehagen im Chor, das Publikum lässt sich gerne anstecken. Erneut ernten wir viel Applaus für alles Gebotene. Man ist offensichtlich auf vielfältige Weise unterhalten und emotional angesprochen worden.
Schnell begeben sich einige Gospeltrainer mit Sammelkörbchen zum Ausgang, damit uns kein potentieller Geber entwischt. Als Zugabe haben wir „This little light“ im Angebot. Dieses Lied kennen viele und singen mit. Noch singend beginnen wir mit unserem Auszug. Zugabewünsche sind eine Anerkennung der gebotenen Leistung. Irgendwann kann man aber nicht mehr. Deshalb haben wir immer mal wieder einen „Rausschmeißersong“ am Ende unserer Auftritte, um dem Publikum sanft das Ende der Veranstaltung mitzuteilen