Die Pause für den Chor überbrückt Chorleiter Sebastian Wewer mit einem Solo. Er hat ein ganz besonderes Weihnachtslied ausgewählt; ein Stück aus dem Zyklus „Bilder der Weihnacht“ von Clemens Bittlinger. Im heiter-nachdenklichen Text geht es um die Tiere im Stall zu Bethlehem, die bei Christi Geburt unter ärmlichsten Verhältnissen anwesend waren.
Wewer begleitet seinen Sologesang mit dem Keyboard – alle anderen hören andächtig zu. Der Beitrag hinterlässt Eindruck, da er konzentriert vorgetragen wird und zudem einen starken Kontrast zum Chorgesang bietet. Wir Gospeltrainer spannen ein wenig aus und trinken einen Schluck; dann geht es schon wieder geordnet auf die Bühne.
Besinnlich geht es weiter mit dem Titel „This little light“, der zu den meistgesungenen Stücken des Gospeltrains gehört. Er ist vielseitig einsetzbar: von der Hochzeit bis zu diesem Adventskonzert. Das Lied ist inzwischen fast einhundert Jahre alt, und es haben sich verschiedene Varianten entwickelt. Es wird in vielen Regionen der Welt gesungen – so auch in Hamm. Kein Wunder, dass es auch hier Kenner im Publikum gibt, die textsicher mitsingen. Unsere erfahrene Solistin Birgit meistert ihren Einsatz überzeugend.
Jetzt sind wir aber mal so richtig gespannt: der Evergreen „Joy to the world“ ist schon viele Jahre im Repertoire des Gospeltrains und dürfte fast allen Besuchern bekannt sein. Das war uns Anlass genug, uns am Arrangement von Gospelkomponist Helmut Jost zu versuchen, der dem Stück eine neue Frische verliehen hat. Wir haben uns in den Proben lange die Zähne daran ausgebissen. Kurz vor dem Konzert ist bei uns dann doch der Groschen gefallen, als wir kapiert haben, dass wir viel zu kompliziert an die Sache rangegangen sind.
Beim Auftakt wird das Lied natürlich sofort erkannt, auch wenn es heute irgendwie anders klingt. Man stutzt, lässt sich dann aber einfach neugierig auf das neue Arrangement ein, welche die eine oder andere Überraschung für die Zuhörer parat hält. Das Üben hat sich doch gelohnt, denn wir bekommen das Stück ohne größere Patzer auf die Bühne. Den Applaus nehmen wir mit viel Erleichterung entgegen.
Nach den schwungvollen Passagen des letzten Liedes wird es jetzt zunächst deutlich ruhiger. „I want to love you, Lord“ stellt eine persönliche Zwiesprache mit Gott dar – da passen keine lauten Töne. Nach zart gesungenem Auftakt bricht dann doch die Freude hervor, die dem Song den typischen Charakter verleiht. Wir singen es sehr gerne, was in der Kirche sicherlich deutlich zu spüren ist. Das sind die Momente, von denen Zuschauer dann später sagen: „Man sah Euch Eure Freude an“. – So sollte es im Idealfall sein.
Die gleiche Thematik, dass man sich Gott anvertraut und Geborgenheit erfährt, nimmt auch das nächste Stück „In your arms“ auf. Zwischen den drei Strophen kommt Solist Martin zum Einsatz, der heute seine Feuertaufe bei einem Heimspiel-Auftritt vor großem Publikum besteht. Sicher bleibt dieser Song für ihn immer ein ganz spezieller, da er ihn in diesem Jahr für eine besondere Person bei deren Hochzeit als Überraschungssolist gesungen hat. Die Erinnerung daran löst bei vielen Gospeltrainern immer noch Gänsehaut aus. Heute klappt’s prima; Martin ist gut vorbereitet und das hört man. Die Probleme mit dem Abstand zum Mikro, den mehrere Solisten noch bei der gestrigen Generalprobe hatten, sind offensichtlich im Griff. Wir sprechen nicht ohne Grund spaßeshalber manchmal vom Gospel-Training. Foto © Daniel Deppe
Bei der folgenden Ansage kann sich unser „Chef“ nicht zurückhalten und verrät den Gästen, dass es beim Gospel-Oldie „Burden down“ eine kleine Überraschung gäbe und er dem Chor hartnäckig vermittelt habe, dass es gar nicht sooo doof aussehe. – Muss er alles verraten? Ja er muss, denn sonst wäre er vor Spannung wohl geplatzt!
Los geht es in der altbekannten Art, und viele singen den Klassiker mit. Was ist daran besonderes, mag sich mancher fragen. Die vierte Strophe treibt den Menschen dann ein Lächeln, ein Schmunzeln ins Gesicht. Immer, wenn ein Gospeltrainer das Wort „down“ singt, geht er ein wenig in die Knie. Da die Einzelstimmen ihre Einsätze teilweise zeitversetzt haben, ergibt sich ein originelles Bild.
Auch wir müssen lächeln, denn heute, als es bei einem Auftritt gilt, bekommen wir diese Aktion endlich gut hin. Was haben wir für chaotische Szenen bei den Proben erlebt, bei denen wir von diesem Gag nicht so überzeugt waren. Der „Chef“ blieb hartnäckig: „Wartet nur ab, das wird super!“ – Woher hatte der Mann nur seinen Optimismus? Sein Instinkt gab ihm recht und wir staunen wieder einmal.
Erst kürzlich hatten wir uns zu einer Sonderprobe in einem Gymnastiksaal getroffen, wo wir u.a. dieses Stück vor einer Spiegelwand üben konnten. Jetzt sind wir tatsächlich weitgehend synchron und in der Kniebeugung aneinander angepasst. Das Üben hat sich offensichtlich gelohnt, und heute haben auch wir unseren Spaß an der Sache beim Blick in viele strahlende Gesichter.
Bei Gospeltrainkonzerten ist es inzwischen gute Tradition, dem Publikum am Ende ein Segenslied mit auf den Heimweg zu geben. Heute ist es der Titel „Sei behütet“. Es klingt wunderbar zart, weil sich alle zurücknehmen und die Aussprache sehr deutlich rüberkommt. Mancher Zuschauer singt den bekannten Text mit, andere halten mit verträumtem Blick inne. Da wird auch mal ganz unauffällig die Hand des Partners gehalten. – Manche noch so kleine Geste oder Gefühlregung bleibt uns nicht verborgen. Wenn unser Auftritt ankommt und die Menschen einige gute Momente mit uns erleben, so ist uns dies neben dem Applaus der schönste Lohn.
Das Konzertprogramm ist absolviert! Die Spannung fällt von uns ab, und wir sind zufrieden. Getrost können wir dieses Adventskonzert als Erfolg verbuchen. „Chef“ [Chorleiter] Sebastian Wewer ist mal wieder stolz auf seinen Gospeltrain und die „Bossin“ [Vereinsvorsitzende] Christa Etzel gratuliert ihm mit einem Blumenstrauß. Kräftiger Applaus beschließt die Veranstaltung. Foto © Daniel Deppe
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Teil 3 folgt.