Der verregnete Heiligabend gegen 21.00 Uhr. Die Fahrt geht zur Friedenskirche in Unna-Massen, vorbei an weihnachtlich beleuchteten Fassaden und geschmückten Bäumen hinter den Fenstern. Was treibt uns nur hinaus in dieser ungemütlichen Nacht? Warum haben sich zehn Gospeltrainer auf den Weg gemacht, statt bei ihren Familien zu Hause zu sein?
Rückblick 1 – Die Idee
Es begann wie immer. Chorleiter Sebastian Wewer stellte mal wieder eine seiner Ideen und Projekte vor. Im September war’s. Diesmal sollte es ein Gospelprojekt in der Ev. Gemeinde in Unna-Massen sein. Diese gehört zum Wirkungskreis unseres Chefs und ist einigen Chormitgliedern bereits bekannt. So weit, so gut. Aber ein Gottesdienst am späten Heiligen Abend um 23.00 Uhr? Zudem mit einigen Proben vorweg auswärts in Unna?? Der spinnt doch total! Heiligabend ist man bei seiner Familie und nicht auf dem Ritt durch die Nacht!! – Das war mein erster Gedanke.
Dieses Plakat lud zum Gospelprojekt ein
Hat es der Typ doch mal wieder geschafft! Er hat uns einen Floh ins Ohr gesetzt, einen Termin „ans Herz gelegt“. Man kann ja mal drüber nachdenken. Der Titel klingt jedenfalls ganz verlockend: „Mitten unter uns – Gospelprojekt zur Heiligen Nacht“. Dazu ist es eine erstmalige Veranstaltung in einer geschätzten Gemeinde. Vielleicht sollte man einfach neugierig sein und sich auf etwas Neues einlassen? Es gehe aber „nicht ums reine Musizieren, sondern um das gemeinsame Feiern einer besonderen Nacht – um den Flow, der uns alle packen soll und auf die Gemeinde überspringen soll.“ Merkt Ihr was? Der Typ ist gefährlich überzeugend und ansteckend. Bald hat er einige von uns in den Bann gezogen und für das Projekt geworben.
Rückblick 2 – Die Vorbereitung
Insgesamt dreimal fand eine Probe im Gemeindesaal neben der Friedenskirche in Unna-Massen statt. Dort versammelte sich eine bunt gemischte Truppe von Leuten, verbunden lediglich durch Sebastian oder die Gemeinde in Unna. Man kannte folglich nur einen Teil der Anwesenden. War aber überhaupt kein Problem. Die Proben an sich folgten dem vertrauten Muster mit den üblichen Einsingübungen, dann ging es an die fünf ausgewählten Titel. Einen Teil der Lieder kannte man, andere waren neu oder in einer veränderten Variante vorgesehen.
Den zweiten Teil der letzten Probe haben wir in die Kirche verlegt. So konnten sich alle, für die diese Kirche neu war, mit dem Raum und seiner Akustik vertraut machen. Eine erste Stellprobe und Hinweise zum Ablauf durch den auch als aktiven Sänger teilnehmenden Pastor Detlef Main sollten Sicherheit bringen und Vorfreude wecken. Am Ende waren wir gut vorbereitet und gespannt auf den Heiligen Abend.
Abschluss der dritten Probe in der Kirche – mit zehn Gospeltrainern
Heiligabend
Der Gottesdienst soll um 23.00 Uhr beginnen. Frühzeitig treffen wir uns in der Kirche zur endgültigen Stellprobe und zum Einsingen. Auch der geplante Einzug wird besprochen. Dann ist noch ein wenig Zeit zum Atmosphäre schnuppern. Im Altarraum steht ein großer geschmückter Weihnachtsbaum und eine Krippe. Per Beamer werden später die Liedtexte für die Gemeinde an die Wand geworfen, noch ist dort erst ein Willkommensgruß zu lesen.
Die Kirche ist auf die Heilige Nacht vorbereitet
Inzwischen kommen die ersten Besucher. Bei Schmuddelwetter laden Laternen auf den Kirchenstufen dazu ein herein zu kommen. Auch vor den hohen Fenstern werden noch Windlichter angezündet. Bis zum Beginn des Gottesdienstes ist die Kirche voll besetzt.
Das Einsingen ist beendet, die ersten Besucher treffen ein
Jetzt geht es los. Angeführt von Pastor Main ziehen wir zum Keyboardvorspiel des ersten Titels von hinten Richtung Altar ein. „Joy to the world“ heißt es zu Beginn; erst langsam und feierlich, dann wird es schneller, rhythmischer und swingender. Das Publikum ist überrascht. Schnell gehen die ersten mit, singen und klatschen. Nach dem gelungenen Auftakt gibt’s Applaus. Dann erfolgt die Begrüßung der Gemeinde, der Chor darf sich setzten.
Einige Minuten später kommen wir erneut nach vorne und stimmen sozusagen den Mottosong „Mitten unter uns“ an. Für viele Aktive ist dies ein ganz neu erlerntes Lied, dementsprechend gespannt sind wir, ob wir irgendwo Texthänger haben werden. Man hat aber vorgesorgt und zwei Notenständer mit Texten in Großschrift vor den Chor aufgestellt, auf die man bei Bedarf mal einen Blick werfen kann. Unsere Befürchtungen sind allerdings völlig unnötig. Wunderbar klingt der Titel. Die Gottesdienstbesucher lesen den projizierten Text aufmerksam mit und tauchen wie wir darin ein. Erneut werden wir mit zustimmendem Applaus belohnt. Wahrscheinlich spürt jeder im Raum, dass er einem ganz besonderen Moment beiwohnt. Irgendwie ein wenig der grauen Lebenswirklichkeit entrückt. Wir haben alles in den Song gelegt und uns richtig frei gesungen.
Eine gute Voraussetzung, denn nun erfordert der nächste Gospel „Hallelujah, Immanuel“ ganzen emotionalen Einsatz. Danny überzeugt als Solistin, obwohl sie stimmlich angeschlagen sei, wie sie uns zuvor verraten hatte. Steigerung und Ausdruck des Titels beeindrucken das Publikum, sicher begünstigt durch die gute Akustik. Chorleiter Sebastian bekommt das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht.
„This little light“ ist für uns eine leichte Übung; haben wir Gospeltrainer dieses Lied in den letzten Monaten doch in zahllosen Auftritten gesungen. In der Kirche singen viele mit, egal welchen Alters. Die Textprojektion hilft und ist den Menschen dieser Gemeinde vertraut.
Wir setzen uns und verfolgen nun die Predigt. Pfarrer Main spricht davon, dass Gott zu jedem Einzelnen komme. Dieser werde Kind, damit er uns beschenken könne.
Als wir erneut nach vorne gehen, sind wir mit langen dünnen Kerzen ausgestattet. Kurz vor dem Ende der Christmette zündet Pfarrer Main seine Kerze an einem Teelicht in der Krippe an, gibt das Feuer an uns weiter, letztlich ist die ganze Kirche ein Lichtermeer. Alles ist nun bereitet für das ultimative Weihnachtslied – erst englisch als „Silent night“, dann in weiteren Strophen in deutscher Sprache. Chor und Besucher singen gemeinsam. Spätestens jetzt sind wir froh, dass wir der Einladung nach Unna gefolgt sind. Uns hat der Flow erwischt. Es ist der Zustand erreicht, von dem Sebastian geträumt hatte. Keiner muss sich mehr bemühen und konzentrieren beim Singen – alles fließt leicht und selbstverständlich. Dem Publikum scheint es ähnlich zu gehen, wie ein Blick in die Gesichter verrät.
Wo es doch gerade so schön ist, kann mit „Oh, du fröhliche“ gleich das nächste Weihnachtslied angeschlossen werden. Oh, weia. Das haben wir nicht geprobt. Wer ist denn schon über die erste Strophe hinaus textsicher? Die Wand, von der das Publikum den Text ablesen kann, ist für den Chor nicht einsehbar. Letztlich sind alle so beschwingt, dass der Text irgendwie aus dem Hinterstübchen auf die Zunge fließt, so dass die ganze Kirche von wunderbarer Musik gefüllt wird.
Welches Lied wird nun den Abschluss bilden? Sebastian hatte uns vorgewarnt; er werde irgendetwas anspielen, was wir alle kennen. Aha, nach den ersten Klängen erkennen wir „Shine your light“. Passt. Haben wir doch noch unsere Kerzen in der Hand. Schließlich gibt der Pfarrer das Zeichen zum Auszug, irgendwie herrlich unperfekt und ungeprobt. Nahe des Ausgangs bleiben wir stehen und bilden ein Spalier für die nach und nach hinter uns her kommenden Kirchenbesucher. So werden sie in die dunkle Nacht entlassen, von innen wohlig durch die Frohe Botschaft erwärmt.
Was war das für eine Christmette? Kaum zu beschreiben. Ein jeder geht nach dem Ende so seinen Gedanken nach. Schön dabei gewesen zu sein. Die Stimmung war etwas ganz besonderes, auch der Applaus hat gut getan. Das Ende ist dann natürlich etwas abrupt, als dann endlich die Türen aufgehen und die feuchte Kühle herein kommt. Inzwischen hat sich unser aller Chef wieder ans Keyboard gesetzt und beginnt erneut zu spielen. Man ist an den Rattenfänger von Hameln erinnert, denn schon nach den ersten Tönen zieht es viele Teilnehmer des Chores erneut Richtung Altarraum. Auch einige Besucher halten inne auf dem Nachhauseweg. Was spielt der da? Aha. Kennen wir. Das singen wir jetzt mit. Wir formieren uns im Halbkreis um den Musikus und singen nur für uns; und die, die ebenfalls in die Kirche zurückgekehrt sind.
Wir singen nur für uns, wollen die Atmosphäre aufsaugen
Inzwischen sind auch einige Gospeltrainer, die zwar die Proben und den Auftritt nicht mitgemacht, aber den Gottesdienst miterlebt haben, zu uns gestoßen. Auch für sie haben sich noch Kerzen gefunden. Es ist längst nach Mitternacht, doch wir singen weiter. Es sind stimmungsvolle Lieder, wie z.B. „Let my fly“ oder das „Hallelujah“. Auch wenn die Zeit stehen geblieben scheint – irgendwann ist dann doch Schluss. Ein letzter Applaus von einigen, die noch zugehört haben. Wir tauschen Weihnachtsgrüße aus und machen uns auf den Heimweg.
Die Gruppe um Sebastian wird immer größer
Ihr Lieben Gospeltrainer/innen
,ich hatte Gänsehaut beim Lesen dieses Rückblicks,und einen Kloß im Hals und fand es einmal mehr schade,daß ich nicht dabei sein konnte.
Habe aber aus meiner Heimatstadt Dinslaken am Heiligabend im Kreise meiner Familie,die ich noch bei mir habe ,ganz fest an euch gedacht…
Freue mich auf ein weiteres tolles Jahr mit euch,mit viel Freude ,Musik und Emotionen…
Liebe Grüße Steffi
und für alle ein glückliches 2014