Es ist herbstlich geworden, feucht und kühl. Wegen des unbeständigen Wetters hat der Veranstalter die Auftritte des Kulturprogramms in den Gerd- Bucerius-Saal innerhalb des Kleistforums verlegt. Insgesamt hätte der Aktionstag mehr Besucher verdient – die typische Laufkundschaft fehlte ein wenig. Dafür sind die wirklich Interessierten unterwegs und nutzen das Infoangebot.
Vor Beginn des Auftritts werden wir kurz und herzlich angesagt, unser Chorleiter Sebastian Wewer begrüßt das Publikum. Los geht es mit dem Song „Lord, hold me“. Sebastian übernimmt das einleitende Solo, der Chor steigt zurückhaltend ein und steigert sich zum voluminösen Refrain. Für den Gospeltrain ist der Auftritt in einem Saal nach den letzten Monaten fast schon etwas ungewohnt, haben wir doch zuletzt immer in Kirchen gesungen. Tatsächlich scheint die veränderte Akustik mit einer relativ niedrigen Decke und einem teppichbezogenen Bühnenpodest den Chor ein wenig zu irritieren. Man habe sich selbst relativ schlecht hören und damit kontrollieren können, heißt es später aus Chorkreisen. Dafür haben wir ja unseren Chef, der uns ganz schnell die nötige Sicherheit vermittelt.
Die ersten Töne erklingen – volle Konzentration zum Auftakt
Etwas gewagt ist die Wahl des relativ neu ins Repertoire aufgenommenen Titels „Immanuel“ als zweites Stück. Zumindest als Insider hört man kleine Unsicherheiten, die dem Umstand geschuldet sind, dass man sich nicht hat einsingen können. Sozusagen ein Sprung ins kalte Wasser. Also volle Konzentration, dann findet der Chor die gewohnte Souveränität und erntet am Ende verdienten Applaus.
Solo beim getragenen Anfang von „Immanuel“
© www.WA.de, Westfälischer Anzeiger, Hamm, 14.09.2013
Mit „Heaven is a wonderful place“ bewegt man sich nun in altvertrautem Fahrwasser. Die Gospeltrainer werden zunehmend lockerer, der Funke springt über. Inzwischen sind auch einige SängerInnen des Ahlener Gemeindechores „CHORios“ aus dem Publikumsbereich auf die Bühne geholt worden. Entspannt zuhören ist nicht, wenn man auch aktiv mitmachen kann – meint wohl unser aller Chorleiter. Die Choriosen fügen sich reibungslos in den Train ein, man kennt sich halt. Erst am letzten Sonntag hat man gemeinsam in einem kurzfristig aufgestellten Projektchor einen Afrika-Gottesdienst in Unna-Massen mitgestaltet.
Nun verweisen wir darauf, dass heute nicht die erste Zusammenarbeit mit FUgE sei; wir schätzen deren Engagement. Außerdem unterstützt der Gospeltrain das Projekt „Gospel für eine gerechtere Welt“. Wir sind also bei diesem Aktions- und Infotag genau richtig. Logischerweise folgt nun mit „Sia hamba“ ein afrikanischer Gospel, diesmal nicht in der gaaanz großen Version. Diese kommt bei anderer Akustik einfach besser rüber. An der Mikrofonanlage im Saal liegt dies allerdings nicht. Diese ist störungsfrei ausgesteuert und bringt die einzelnen Stimmen sauber und natürlich rüber.
Bisher ist Chorleiter Sebastian immer in Kommunikation mit dem Publikum gewesen, gibt Infos zu Chor und Titeln weiter. Nun sollen die Zuhörer bei unserem Gospelmedley aktiviert werden. Nach kurzer Einweisung und mit Chorunterstützung singt der Saal schließlich zeitgleich „He’s got the whole world”, „Go, tell it on the mountain” und „Rock my soul“.
Besinnlicher geht es anschließend beim bekannten „Hallelujah“ zu. Der Eine oder die Andere singt leise mit.
Beim Klassiker „This little light“ übernimmt Sebastian das Solo, da unsere Stammsolistin heute verhindert ist. Klappt prima, der Solist ist zufrieden – und verliert prompt die Konzentration. Da ist er wieder, sein altbekannter Textfehler. Das Publikum merkt nichts, die Gospeltrainer singen einfach frech grinsend darüber hinweg. „Wir sind ein professioneller Chor“ – sagt manchmal der Chef. So ganz falsch liegt er damit wohl nicht…!
Ein paar humorige Worte zum Frauenüberschuss im Chor folgen, anschließend treten die Männerstimmen den Qualitätsbeweis im scherzhaften Duell mit den Frauenstimmen beim „Rock my soul“ an. Das Publikum hat seinen Spaß.
„leichter“ Frauenüberschuss – unsere Männer schlagen sich dennoch gut
Jetzt sind wir bei den modernen skandinavischen Gospels angelangt. „Let me fly“ hallt es durch die geöffnete Tür des Saales ins Foyer. Neugierige schauen mal kurz vorbei, wer hier so wunderbar singt. Nach dem Lied wird an unseren Besuch beim letztjährigen Gospelkirchentag erinnert. Ja, Gospel erzählt von Gott und den Begegnungen mit ihm. Manchmal ist es gut, wenn man das Publikum daran erinnert. Gospel ist weit mehr als Gute-Laune-Musik.
Wie zur Bestätigung steht nun „Jesus is right here“ auf dem Programm.
Unvermeidlich und trotzdem immer wieder gern gesungen folgt nun zum Ende „Oh, happy day“. Da wir vor dem Auftritt keinen Ablaufplan bekommen haben, ist das Programm eine spontane Entscheidung des Chefs. Er greift einfach auf Titel des aktuellen Repertoires zurück, wie es ihm in den Sinn kommt. Dementsprechend überraschend „muss“ Solistin Andrea nach vorne. Was passiert? Einmal schütteln und los geht’s. Was soll man sagen: der Schock ist schnell überwunden, sie ist locker und überzeugend wie nie. Ihr sei es aber ganz anders vorgekommen, verrät sie später. Fehleinschätzung!
Solistin Andrea beim „Oh, happy day“ mit vollem Einsatz
Ohne Zugabe kommen wir nicht davon. Statt auf eine Chorleiteransage zu warten, entscheidet der Chor kurzentschlossen selbst, welcher Titel es sein soll. „Peace shall be with you“ sei der geeignete Song zum Abschluss. Sebastian fügt sich gerne. Der Auftritt in lockerer Atmosphäre geht zu Ende. Wir werden mit Applaus verabschiedet.
Es ist mal wieder etwas ganz anderes, als eine förmliche oder feierliche Hochzeitsbegleitung. Zwischen den Stücken tauschen sich die Aktiven aus. Nein, kein störendes Quatschen, sondern vielmehr hier ein Blickkontakt, dort eine Bestätigung. Auch dem Publikum fällt die angenehme Stimmung im Chor auf und lässt sich anstecken. Besonders von Eva und Anja in der ersten Reihe geht eine so positive Ausstrahlung aus, dass man sich einfach von diesen beiden Aktivposten mitreißen lassen muss.