Die andere Seite unseres Gospel-Trainers

Am Samstagabend ergab sich die Gelegenheit, um unseren Chorleiter (oder war es sein Zwillingsbruder?) mal in einer ganz anderen Rolle zu erleben. In Hamm-Bockum-Hövel feierte die dortige Kreuzkirche ihr 100jähriges Bestehen mit einem klassischen Kirchenkonzert. Unter der Gesamtleitung von Sebastian Wewer hatten die Kirchenmusiker der Gemeinde ein schönes Programm mit Streichensemble, Orgel, Keyboard und Gesang zusammen gestellt.

Ich muss gestehen: in Sachen klassischer Musik bin ich ein Kulturbanause. Nicht dass ich sie nicht mag – es ist einfach so, dass ich kaum Zugang und entsprechende Kenntnisse habe. Bildungslücke könnte man auch sagen. Natürlich hat man die Gassenhauer des Genres schon gehört und Gefallen daran gefunden. Letztlich ist mein Erfahrungsschatz in diesem Bereich aber nur Stückwerk. Warum bin ich dann überhaupt hin gegangen? Kürzlich bin ich daran erinnert worden, dass Sebastian uns vor Monaten zu diesem Konzert persönlich eingeladen hatte. Nachdem der Gospeltrain und sich anschließende SängerInnen das Projekt „Gospelkirchentag“ endgültig mit einer Aufführung des Dortmunder Programms in der Kreuzkirche abgeschlossen hatten, saß man noch einen Moment zusammen. „Wer jetzt von Gospel genug hat und mal etwas anderes singen oder hören möchte, der ist zur Festwoche mit klassischer Kirchenmusik in Konzert und Gottesdienst eingeladen“. Das hat mich neugierig gemacht.

Es begann mit einem Stück aus einem Orgelkonzert von G.F.Händel. Das Ensemble „Divertimento“ aus Kamen (Leitung Thorsten Jaschkowitz) begleitete dabei die Orgel (Noel Brefried) von der Empore aus. Während Pfarrerin Klein die Zuhörer begrüßte, zogen die Musiker in den Altarraum. Im Laufe der nächsten Stunde wechselten sich Stücke von Dvorak, Buxtehude, Händel, Gluck, Sammartini und Bach ab. Die Gesangssoli übernahmen Christa Rebeck (Mezzosopran) und Sebastian Wewer (Bariton), der z.T. auch als Dirigent aktiv wurde. Man konnte unseren Sebastian, den wir auch als hibbelige musikalisch-kreative Wundertüte kennen, hier ganz ruhig und hoch konzentriert erleben. Man spürte förmlich die intensive Vorbereitung auf diesen Auftritt, die elegante Erscheinung im Anzug unterstrich diesen Eindruck noch zusätzlich.

Zum Glück unterbrach das konzertkundige Publikum nicht durch Zwischenapplaus das Programm, so dass man völlig in die Musik abtauchen konnte. In der erst 2010 in hellen harmonischen Farben frisch gestrichenen Kirche mit ihrer kuppelähnlichen Decke fühlte man sich angesichts der herbstlichen Dunkelheit und des draußen niedergehenden Regens wunderbar geborgen. Am Nachmittag hatte ich mir die Choralkantate „Jesu meine Freude“, die der ganzen Veranstaltung den Namen gab, im Internet schon mal angehört und den entsprechenden Text mitgelesen. Das ermöglichte eine viel bessere Verfolgung der verschiedenen musikalischen Stimmungen. Man kann halt immer noch etwas dazu lernen.

Vor dem letzten Stück äußerte die Pfarrerin die Hoffnung, dass diese Stunde die Zuhörer gut in die nächste Woche geleiten möge, und es wurde gemeinsam das „Vater unser“ gesprochen. Auch Sebastian ergriff das Wort. Er berichtete, dass es das erste Konzert gewesen sei, an dem alle vier Kirchenmusiker der Gemeinde beteiligt gewesen seien und stellte sie namentlich vor. Jetzt, nach dem Ende des erfolgreichen Auftritts, war ihm die Erleichterung anzusehen. Nach dem letzten Stück bekamen die Ausführenden den verdienten langen Schlussapplaus, bis dem Publikum die erhoffte Zugabe gerne gewährt wurde.

Natürlich ist ein solches Klassikkonzert deutlich förmlicher als ein Auftritt unseres Gospeltrains. Umso interessanter ist es, dass unser Chorleiter in beiden Bereichen eine gute Figur macht. Einerseits mal locker und flapsig, vieles spontan „aus dem Ärmel schüttelnd“, dann wieder seriös und top vorbereitet. Eben kein Schaumschläger, sondern ein begeisterter Musiker, der die Abwechslung als Bereicherung und Herausforderung braucht.

One response to “Die andere Seite unseres Gospel-Trainers

  1. Sehr sehr schade, dass ich das verpassen musste 🙁 Hoffentlich ergibt sich die Gelegenheit nochmal…..

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