Nachbesprechung Gospelkirchentag: Teil 4 – Das Galakonzert

Jetzt haben wir schon unseren eigenen Auftritt gehabt, anderen Chören zugehört, an Workshops teilgenommen – jetzt wollten wir die Profis erleben. Das Galakonzert um 20.00 Uhr präsentierten live die Wise Guys aus Köln, von denen wir uns deutsche A-capella-Musik vom Feinsten erhofften. Anschließend sollten uns The Gospel People aus Harlem/USA einen Eindruck von US-amerikanischer Gospelmusik bieten. Im Vorprogramm gab es ein Gospel-Mitsingkonzert von Hans-Christian Jochimsen (dän. Komponist, Chor-/Workshopleiter) samt Band und Chor, verstärkt durch Miriam Schäfer (dt. Singer/Songwriterin im Gospelsektor), Carol Cymbala (Leiterin Brooklyn Tabernacle Choir/USA, Komponistin) und Hanjo Gäbler (dt. Gospel-/Jazzpianist).

Foto: trainarchivator

Foto: trainarchivatorDie individuelle Anfahrt zur Westfalenhalle verlief reibungslos, auch haben wir einander schnell gefunden. Es hatten sich schon mehr als tausend Menschen versammelt, die alle auf den Einlass warteten. Man nutzte die Gelegenheit, sich noch mal zu stärken und die Erlebnisse des Nachmittags auszutauschen. Es gab freie Platzwahl und als die Türen geöffnet wurden, hatten es alle ganz eilig, doch das Gedränge blieb absolut im Rahmen. Auf dem ersten Oberrang fanden wir genug Plätze, um alle beieinander sitzen zu können. Wieder warten.

Pünktlich um 19.00 Uhr begann das als Vorprogramm bezeichnete Mitsing-konzert von Hans-Christian Jochimsen; welche Untertreibung! Kaum war die knappe Begrüßung erfolgt, schwappte schon „La-Ola“ durch das Hallenrund, denn das Publikum konnte es kaum noch abwarten. H.Ch. Jochimsen war den Besuchern mehrheitlich bekannt und die Erwartungshaltung groß. Vollkommen zu Recht! Es ging gleich richtig los mit dem Stück „Praise him“, das sich musikalisch wie ein roter Faden durch den Gospelkirchentag zog. Die Texte dieses Konzertes wurden auf Großleinwänden angezeigt, sodass wirklich jeder mitsingen konnte. Außerdem gab es hier Live-Nahaufnahmen vom Geschehen auf der Bühne zu sehen, sodass man trotz der Hallengröße ganz nah dran war. Es folgte Lied auf Lied, im ausgewogenen Wechsel zwischen eher lauten einpeitschenden Titeln und Songs von ruhiger, emotionaler Art. Wenige treffende Worte zum spirituellen Hintergrund verdeutlichten, dass es sich nicht nur um ein Spaßkonzert handelte, sondern die Lieder und Inhalte weit darüber hinausgingen. Beim abschließenden „Oh happy day“ tobte die Halle dann endgültig – der Gospeltrain mittendrin.

Foto: trainarchivator

Nach kurzer Umbaupause startete der Auftritt der Wise Guys, den „Headlinern“ des Abends. Offensichtlich gab es unter den Besuchern viele Fans, die sich gleich zu erkennen gaben. Nach eigener Auskunft war die Vocal-Gruppe zum ersten Mal bei einem Gospelkirchentag. Eigentlich war man verwundert, dass kein einziger Gospeltitel bei dieser Gelegenheit gesungen wurde. Auch wenn diese nicht zum Repertoire gehören, so hätte man doch mal ein solches Experiment wagen sollen. Dennoch boten sie tollen Anschauungsunterricht für alle, die sich auf eine Bühne stellen und vor Publikum singen. Sicher kann man frustriert sein, wenn man die eigenen Fähigkeiten mit dem Können dieser Ausnahmegruppe vergleicht, wo eigentlich jeder ein Star ist. Denkt man aber an eigene Auftritte zurück, an zufriedene, glückliche, feiernde Menschen, so ist alles wieder ins rechte Lot gerückt! Anfangs waren die Texte nicht immer gut zu verstehen, doch die Tontechnik bekam die Probleme zunehmend in den Griff. Erwähnen sollte man auch die schöne Lightshow, die den Gesang zwar emotional unterstrich, ihn aber nicht überlagerte. Nette kleine Ansagen sorgten für kurzweilige Überleitungen, einstudierte Choreographien unterstützten die humorvollen Liedtexte. Insgesamt war es ein sehr professioneller, gut strukturierter Auftritt von musikalischer Klasse, der aber angenehm uneitel daherkam und zu Recht mit viel Applaus belohnt wurde. Mehrere Zugaben waren die logische Folge.

Foto: trainarchivator

Als letztes Highlight des Abends waren The Gospel People geplant. Bisher war die Musik europäisch geprägt, nun also ein Einblick in die US-Gospelszene. Zu Beginn traten die sieben Mitglieder in schwarzer Kleidung mit orangenen Elementen auf, und es stand die afrikanische Herkunft der Gospelmusik im Vordergrund. Speziell bei den folgenden Titeln mit Soulelementen konnten die Sänger/Innen das Publikum von ihren großen individuellen gesanglichen Qualitäten überzeugen. In roten Roben wurde das Programm mit typischeren Gospels fortgesetzt. Von Beginn an wurde der Kontakt zum Publikum gesucht und Showelemente eingebaut. Ob es an unterschiedlichen nationalen musikalischen Geschmäckern und Erfahrungen liegt, dass uns die Show zu übertrieben schien? Es wurde zwar immer auf Gott Bezug genommen, doch irgendwie schien der ganze Auftritt sehr kommerziell ausgerichtet zu sein. Vielleicht kann man ein Publikum, dem der geistige Hintergrund dieser Musik egal oder unbekannt ist, mit diesem Stil überzeugen. Für uns war das Ganze akustisch und auch im übertragenen Sinne zu laut. Am Ende blieb die Frage im Raum stehen, ob The Gospel People wirklich ein Highlight setzen konnten. Irgendwie bleiben ein wenig Ratlosigkeit und Unbehagen zurück. Zwar bekamen die Akteure ordentlichen Applaus und hatten durchaus auch unterhalten, die echte mitreißende Stimmung des Mitsingkonzerts am Beginn der Veranstaltung konnte aber nicht ansatzweise erreicht werden. Dass viele Zuschauer die Halle vor Ende des Galakonzerts verließen, hatte sicher nicht nur mit Termindruck bei der Heimreise zu tun. Hätte uns der Auftritt voll überzeugt, wäre uns der Abschied sicher schwerer gefallen.

Letzten Endes war es ein schöner, berei-chernder Abend, der sich gelohnt hat. Wenn man bisher so viele unterschiedliche Erfahrungen gemacht hat – ob gute, schlechte oder irritierende – dann weiß man hinterher vielleicht viel besser, in welche Richtung der eigene Weg führen soll…

2 responses to “Nachbesprechung Gospelkirchentag: Teil 4 – Das Galakonzert

  1. Brigitte Hausmann

    Vielen Dank an Trainarchivator. Die Schreiberlinge vom WA könnten sich hier mal ne Scheibe abschneiden.

  2. Also Trainarchivator ein großes Lob für diese tollen Zusammenfassungen. Das macht sehr viel Spass zu lesen und ich muss sagen, da kann man noch einmal in Erinnerungen schwelgen. So schön ist das geschrieben. Vielen Dank dafür.!!!
    Nun zu unserem gemeinsamen Erlebnis:
    Ich fand es super und finde wir hatten ALLE viel Spass. Das Galakonzert hat dem Ganzen einen GROSSARTIGEN Abschluss gegeben. Für mich. Leider konnte ich am Sonntag nicht dabei sein, aber nach 2 sooooooo anstrengenden, eindrucksvollen und freudigen (Ja wir hatten vieeeel Spass) Tagen war das nicht ganz so schlimm. Ich habe mir aber berichten lassen, dass es ein sehr emotionaler Abschlussgottesdienst war.
    Ich habe den Samstag in Dortmund an vielen kleinen Bühnen genossen, meinen Tag mit sehr netten Menschen verbracht, viel getanzt, gesungen und gelacht und finde, es war rundum eine sehr gelungene, runde Sache.
    Dank auch unserem CHEF, der das ALLES für UNS organisiert hat.

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